In die Hauptstadt also bin ich geflogen, vom barcelonesischen Martinisömmerchen in den frischen Madrider Regen, um dann mit Barça direkt in die Traufe bzw. ins InfernoI zu geraten.
Und warum bitte schön fuhr ich nicht mit dem Zug? Hätte die Hochgeschwindigkeitsstrecke Madrid-Barcelona nicht schon 2004 in Betrieb genommen werden sollen? Damals reichte sie aber gerade mal bis Zaragoza, demnächst soll sie Tarragona erreichen. Am letzten Teilstück bis Barcelona wird fiebrig gearbeitet. So überstürzt sogar, dass durch die Bauarbeiten seit Wochen der Nahverkehr behindert wird und Bahnpendler täglich mit Verspätungen, wenn nicht Ausfällen ihrer Züge rechnen müssen. Ihre Klagen füllen seit Wochen die Leserbriefspalten.
Betroffen ist auch die Linie zum Flughafen, denn der gordische Knoten liegt im Llobregat-Korridor und in El Prat, dem «Flughafendorf» also. Die Züge fahren theoretisch alle 30 Minuten bei mir um die Ecke ab, an der Estación de Francia. Zweimal nacheinander habe ich dort nun vergeblich auf den Zug zum Flug gewartet. Information durch RENFE gleich null. Es blieb einem nichts anderes übrig, als in letzter Minute auf ein Taxi zu springen. Am Bahnhof Sants soll immerhin ein Bus-Ersatzdienst angeboten worden sein.
Vom Hochgeschwindigkeitszug, der in Spanien AVE heisst (Alta Velocidad Española), wird hier noch öfter die Rede sein. Die Debatten um die Linienführung in und um Barcelona sind immer noch nicht verklungen. Die Stadt hätte eine Einfahrt via Flughafen vorgezogen, um – technisch aufwendig – unter dem Alten Hafen hindurch die Estación de Francia anzupeilen, und von dort auf der bestehenden Trasse (nun aber in europäischer Spurbreite) den künftigen Bahnhof Sagrera. Das Madrider Ministerium zog eine Variante vor, die den Flughafen schneidet: dieser wird lediglich durch einen Shuttle-Service bedient, von einem eher absurd anmutenden Vorstadtbahnhof in El Prat aus (wieviele Züge werden dort halten?) In circa einem Jahr soll der AVE den zurzeit im Umbau befindlichen Bahnhof Sants erreichen, und wenn die angestrebte Höchstgeschwindigkeit von 350 Stundenkilometern erreicht wird, wäre man von Sants aus dann in etwas über zwei Stunden in Madrid.
Heftig gebaut wird auch schon an der Fortsetzung der Strecke bis zur französischen Grenze. Eines der umstrittensten Teilstücke ist eben der neue, Barcelona durchquerende Tunnel zwischen Sants und der Sagrera. Parallel zur bereits bestehenden Trasse unter der Calle Aragón (die erst nachträglich überdeckt wurde) soll er unter den Strassen Provença und Mallorca hindurch zum künftigen zweiten Hauptbahnhof (neben Sants) führen.
Leider eignet sich der Boden in Barcelona aber ganz und gar nicht dazu, dauernd durchlöchert zu werden, und so zittern nun unter anderem die Erbauer der Sagrada Familia vor diesem neuen Tunnelbau in unmittelbarer Näher ihrer Tempelfundamente. Ziehen sie zurzeit doch gerade die 120 Meter hohen Türme der Hauptfassade an der Calle Mallorca hoch, die auf etwa sechzig bis in 16 Meter Tiefe – praktisch der Grundwasserspiegel – reichenden Stahlbeton-Pilotis ruhen.
Ungleich besser sind die geologischen Bedingungen für Tunnelbauten in Madrid, was denn auch zu einer wahren Tunnelmanie in der Hauptstadt geführt hat. Mehr über Madrid im vorherigen Eintrag.