Es müssen zwei-, fünf-, vielleicht sogar zehntausend Löcher sein, in die man in Barcelona sein Auto versenken kann. Sofern man eins hat. Ich habe meine letzte Kiste, einen bleigrauen Saab 900i, schon vor Jahren entsorgt, sehr zu meiner Erleichterung. Und doch sind mir all die rot-weiß umrandeten Löcher in den Fassaden immer noch eine Verlockung. Wann wird es Höhlen geben, in denen man seinen eigenen Leib für drei Euro pro Stunde bequem einstellen kann? Ach so, das nennt man Bar, und gewöhnlich serviert jetzt dort eine Chinesin die tortilla de patatas, und wohl bald auch den Gin Tonic.
Hier ein um 1995 entstandenes Aperçu zu Barcelonas Parkhäusern. Den Barcelonesen sind ihre Garagen so selbstverständlich, dass ich – in dieser auf ihre geringfügigsten Details so versessenen Stadt – sonst noch nie auch nur eine Zeile über die vielleicht einzigartige Vielfalt ihrer Parkings gelesen habe.
Sie wären zweifellos morphologische, soziologische, auch psychologische Studien wert. Zum Politikum sind sie meines Wissens nie geworden, sieht man von dem Car-Parkhaus unter dem sogenannten »Schandloch« (forat de la vergonya) in der Nähe des Picasso-Museums ab, dessen Bau die Anwohner verhinderten; vielleicht ein Irrtum, denn die Touristen werden sich nicht mangels Parkgelegenheiten dünnemachen. (Paris hat die blechernen Behälter, die ihre Fracht ins Moulin Rouge wenn nicht direkt in die Klauen der Pigalle-Pornographen auskippen, notdürftig an die Avenue de Saint-Ouen verbannt.)
In Barcelona ist die schiere Menge von Parkhäusern zweifellos eine Folge der Dichte der Stadt: bei aller Großzügigkeit der Cerdà’schen Stadtanlage wurden nicht zirkulierende Autos auch im Eixample bald schon im Innern der Häuserblöcke untergebracht, und so entstand im Lauf der Jahrzehnte ein Netz, das von den wohl einen halben Kilometer langen Schläuchen unter dem Paseo de Gracia bis zu allen möglichen unterirdischen, ebenerdigen, in die Patios sich aufschwingenden, jedenfalls mit Ausnahme einiger weniger brutalistischer Exempel durchweg in bestehende Strukturen sich fügenden Parkflächen reicht.
Hat man, zwecks Manöverierbarkeit der in Doppelreihen geparkten Fahrzeuge, bisweilen den Zündschlüssel auch dem Parkwächter zu überlassen, so reicht doch kein barcelonesisches Parkhaus auch nur entfernt an das Chaos römischer Autoherbergen heran.
Eines der letzten oberirdischen Parkings Barcelonas – an der Plaça de la Gardunya, hinter der Boquería – hätte im Grunde unter Denkmalschutz gestellt werden sollen. Der von Carme Pinós projektierte Umbau des Platzes wird ihm den Garaus machen.
In Amsterdam komme ich nicht aus dem Staunen darüber hinaus, dass die Ufer selbst der stolzesten Grachten von Autos überstellt und verunstaltet sind. Mehr noch: wo die Kanäle zugedeckelt wurden und eine prima Rambla – siehe die Elandsgracht oder die Westerstraat, die mich, wer weiß weshalb, immer an New Yorks Second Avenue erinnert – eigentlich schon angelegt wäre, ist der zentrale Bürgersteig nichts als ein miserabler Parkplatz. Liegt es allein am technischen Aufwand, den der Bau unterirdischer Parkhäuser hier erfordern würde, oder ist das (geologisch auch problematische) Barcelona dem ach so zivilisierten Nordeuropa in dieser Hinsicht insgeheim um Jahrzehnte voraus?
Aus der Zeitung habe ich letzte Woche erfahren, die Zahl der in der Stadt Barcelona registrierten Autos sei unter 600’000 gefallen (bei 1,7 Millionen Einwohnern), während die der Motorräder und -roller seit 2005 um 25 Prozent zugenommen hat und nun schon die Hälfte der hier registrierten privaten Motorfahrzeuge ausmacht. Bloß machen Motorräder leider noch mehr Lärm als Autos; und von den Hunderttausenden Camions und Lieferwagen, die täglich ins Stadtgebiet einfahren, war nicht die Rede.
Man braucht aber keine Statistiken, um festzustellen, dass Barcelona wahrscheinlich die europäische Stadt ist, in welcher das Fahrrad als Verkehrsmittel den rapidesten Zuwachs erlebt hat. Darüber ein andermal. Und über das Fußgängertum, früher Flanieren genannt, das (statistisch belegt) immer noch die meisten Barcelonesen dem Auto, der Metro und dem Velo als Fortbewegungsmittel vorziehen.
Die angegliederte Photoserie ist im Grunde nur das Skizzenbuch für ein nie zu vollendendes Buchprojekt. Die Bilder habe ich zum größten Teil in den zentralen Bezirken Ciutat Vella und Eixample aufgenommen, und sie sind mithin nicht für das Stadtganze repräsentativ. Zwei oder drei aus andern Städten stammende Aufnahmen wurden darunter geschmuggelt.