Manuel Fraga war ein politisches Relikt aus den Zeiten des Diktators Franco, welchem er in den 60er Jahren als Informationsminister gedient hatte. Später gründete er den konservativen Partido Popular, bevor er desen Leitung dem nachmaligen Präsidenten Aznar überliess und sich in seine Heimatregion Galicien zurückzog, wo er, 83jährig, im Januar 2005 zu seiner fünften Wiederwahl als Regionalpräsident antrat – und verlor.
Nun haben seine Nachfolger die Rechnungsbücher über jenes noch unvollendete Bauwerk geöffnet, an das man sich laut Fragas Worten dereinst erinnern wird „wie in der Antike an die sieben Weltwunder“, und das – aus ganz anderer Warte – Kurt W. Forster als „Supernova“ der Architektur bezeichnet hat: die Cidade da Cultura de Galicia in Santiago de Compostela. 1999 hatte Peter Eisenman den Wettbewerb mit einem allerdings verblüffenden Entwurf gewonnen. Der Grundriss der Altstadt – s. Modellbild – erinnerte den Architekten an eine Jakobsmuschel, und in den ihr gegenüberliegenden Monte de las Gaias eine ebensolche zu kerben, Santiagos casco antiguo mithin als moderne Stadt gleichsam noch einmal zu bauen, dies schwebte Eisenman vor.
Im Herbst 2002, anderthalb Jahre nach Baubeginn, wurde klar, dass das pharaonische, in den Berg gleichsam eingelassene Werk schwerlich wie vorgesehen 2005 fertiggestellt werden könnte, und die auf Eile erpichte Regionalregierung entzog Eisenman einen Teil der Kontrolle über den Bau. Von Spöttern wurde die Cidade da Cultura da längst als „Fragas Mausoleum“ bezeichnet. Aufnehmen soll sie zwei Museen, eine Bibliothek, ein Zeitungsarchiv und eine Oper. Was ein Operntheater in der Grösse des Lincoln Center in einer Stadt von 100 000 Einwohnern verloren hat, blieb ebenso schleierhaft wie der Sinn eines gigantischen Zeitungsarchivs im Zeitalter von Internet.
Bis heute konnte keiner der fünf Teile eröffnet werden. Hingegen herrscht nun Klarheit darüber, dass sich das ursprüngliche Budget von 120 Millionen Euro mindestens vervierfachen wird. Bereits ausgegeben worden sind 373 Millionen. Fragas Nachfolgeregierung zerbricht sich einstweilen den Kopf darüber, wie sie den Bau zu einem glücklichen Ende bringen könnte. Verkalkuliert haben sich ja, weit mehr als der Architekt, die megalomanischen Politiker, und es wäre zweifellos schade, wenn ein so fabelhaftes (und weit fortgeschrittenes) Projekt nun mutiliert würde.