Was ist nun das wieder für eine Phalanx von Baumaschinen, die da am Anfang meiner Strasse aufgefahren ist? Ein Schild belehrt, der Paseo de Picasso werde endlich auch mit schallschluckendem Asphalt ausgestattet, im Zug der seit längerem im Gang befindlichen, gehörfreundlichen Neuasphaltierung aller grösseren Verkehrsachsen der Stadt. Das Aufreissen des alten Asphalts gestaltet sich freilich zunächst wieder mal extra geräuschvoll. Und weil ein Lärm nie allein kommt, werden gleichzeitig noch die Platanen gestutzt (zum Glück, sonst sehen wir bald nur noch grün).
Etwas weiter oben ist seit Wochen eines der interessantesten öffentlichen Kunstwerke Barcelonas hinter einer Bauabschrankung verschwunden. Es handelt sich um die «Hommage an Picasso», die Tàpies nach der Umbenennung und Neugestaltung dieser Strasse um 1980 hier in deren Flucht gestellt hat, entschiedener aber noch in die perpendikulär dazu verlaufende Achse zwischen dem Umbracle und dem Mercat del Born (vgl. diese Baustelle betr. Fontseré).
Ich lehnte mich über den Bauzaun und erblickte, was mir des Herbstlaubes wegen von meinen Wohnungsfenstern aus bisher verborgen geblieben war:
Tàpies hat hier die Durchbrochenheit der beiden Fontseré-Architekturen aus dem späten 19. Jahrhundert sehr klug aufgenommen: mit einem gleichfalls halbtransparenten, nämlich dauernd von Wasser überflossenen Glasquader. Interessant ist auch, wie er ihn gefüllt hat: wiederum mit Eisengestänge, das mit dem Cerdà’schen?) Lot herumspielt. Um dieses gruppieren sich einige rätselhaft anmutende Möbelstücke. Sind das nicht wohl Reminiszenzen an Barcelonas Bordellausstattungen um 1900, wie sie Picasso bestens vertraut waren? Und von denen sich wiederum der Sprung zu seinen Demoiselles d’Avignon anbietet, die ihren Namen ja den Freudenhäusern in Barcelonas gleichnamiger Strasse verdanken?
In Kürze wird Tàpies’ Hommage an Picasso, deren Unterhalt von Anfang an prekär war – zerschlagene Scheiben, oft kein Tropfen Wasser, usw. – also wieder in neuem Glanz, vielmehr Schimmer erstanden sein.