Je näher man das Flughafendebakel der vergangenen Woche anblickt, desto ferner blickt es zurück. Niemand in Barcelona scheint mehr begreifen zu können, wie geschehen konnte, was geschah: dass ein Teil des Bodenpersonals einer privaten Fluggesellschaft – 400 Mitarbeiter von Iberia – mit einem wilden Streik ein Chaos auszulösen vermochten, das die Reisepläne von über 100’000 Passagieren durchkreuzte, unzählige weitere in Mitleidenschaft zog und die Terminals während des ganzen Wochenendes in ein enormes Camping verwandelte. Zu schweigen von der gefährlichen Situation, Dutzende über der Stadt kreisender Flugzeuge am Landen zu hindern. («Il n’est pas donné à tout le monde d’aller à Barcelone», wie schon Picabia sagte.) Nur die Taxifahrer rieben sich die Hände – viele von ihnen brachten verzweifelte Reisende bis nach Paris (Tarif: 1100 Euro), Genf oder Madrid (700 Euro).
Jetzt scheint der Moment gekommen, ein paar Fragen zu stellen. Warum hat die Polizei die Meuterer nicht augenblicklich und notfalls gewaltsam von den Pisten vertrieben? Es wäre zu gefährlich gewesen, hiess es erst: schon wegen des kerosingetränkten Asphalts. Später wurde angeführt, es hätte an der Situation nichts geändert: der Flugbetrieb wäre durch den Streik des Handling-Personals ohnehin lahmgelegt geblieben. Man kann Streikende ja nicht gut an die Arbeit zurückprügeln.
Wer war überhaupt zuständig, wer hatte die Entscheidungen zu treffen? Der schwarze Peter liegt bei der Luftfahrtbehörde AENA und bei Iberia. Dass das Verhältnis von Iberia zu Barcelona nicht das beste ist, wurde hier jüngt angedeutet. Die katalanische Regierung fordert seit Jahren die Oberhoheit über den Flughafen, der ihres Erachtens von AENA gegenüber Madrid benachteiligt wird. Doch nicht einmal das jüngst abgesegnete neue Autonomiestatut räumt ihr diese Kompetenz ein. Trotzdem hat die Opposition gestern bei einem Hearing im katalanischen Parlament die Unfähigkeit der Regierung Maragall gegeisselt – «die Inkompetenz der Kompetenzlosen», mokierte sich La Vanguardia.
Nun wird es Klagen hageln einerseits von geschädigten Passagieren, andererseits hat ein örtlicher Richter gegen die Streikenden ein Ermittlungsverfahren wegen Gefährdung der Flugsicherheit und wegen Freiheitsberaubung (die 100’000 festsitzenden Passagiere) eingeleitet.
Natürlich sorgt man sich nun allerseits um den Imageschaden, den die Stadt dadurch erlitten hat. Dabei hatte sie freilich Glück im Unglück. Seltsamerweise überging die internationale Presse – sehr im Gegensatz zur spanischen – das Chaos in Barcelona fast vollständig. Zeitungen wie Le Monde, FAZ, NZZ oder The Guardian war es nicht einmal eine Agenturmeldung wert. Was wiederum beweist, dass Barcelona eben doch eine zweitrangige Stadt ist, denn dasselbe Desaster in Mailand oder Paris hätte zweifellos ein anderes Echo gefunden.
Hier zum Trost noch ein fast ebenso chaotisch anmutendes Bild von der Baustelle des neuen Terminals, das die Kapazität des Flughafens auf über 50 Millionen Passagiere im Jahr erhöhen soll: