ceci n'est pas une blague
Markus Jakob
Iberia lässt Barcelona sausen

Ungläubiges Staunen Ende Mai, als die Fluggesellschaft Iberia ankündigte, sie werde die meisten ihrer Flüge von und nach Barcelona demnächst einstellen. Wie reimt sich das darauf, dass der Flughafen Barcelona an Passagieraufkommen zu den am schnellsten wachsenden Europas gehört? Schon dieses Jahr dürfte die Zahl von 30 Millionen Fluggästen erreicht werden (vor noch nicht so langer Zeit lag Barcelona knapp hinter Zürich…), und dies trotz der neuen Konkurrenz durch den noch unlängst verschlafenen Provinzflughafen Girona – in Grossbritannien als Barcelona Nord bekannt –, der rasch der 5-Millionen-Marke entgegenstrebt. In Girona werden freilich fast ausschliesslich Passagiere von RyanAir abgefertigt.

Eben da liegt der Haken für Iberia: die Destination Barcelona sei nicht mehr rentabel, die Konkurrenz durch die Billiganbieter zu gross, argumentiert die Airline, wobei sie die betreffenden Geschäftsergebnisse freilich vornehm verschweigt. Bekannt ist, dass ihre Passagierzahlen in Barcelona seit sechs Jahren stagnieren und ihr Marktanteil in dieser Zeit von annähernd 50% auf 34% gefallen ist. Das Kerngeschäft Iberias ist aber nach wie vor der der Puente Aéreo, der Air Shuttle Madrid-Barcelona. Mit jährlich fast fünf Millionen Passagieren ist Madrid-Barcelona nicht nur die meistbeflogene Strecke der Welt, sondern neben London-New York auch eine der lukrativsten.

Nach Madrid also, immerhin, wird man weiterhin mit Iberia fliegen können… In spätestens zwei Jahren aber dürfte das Goldene Zeitalter des Puente Aereo eh beendet sein: dann nämlich, wenn endlich die Hochgeschwindigkeitsstrecke der Bahn – der AVE – zwischen den beiden Städten fertiggestellt sein wird.

Es kommt freilich noch ein Faktor ins Spiel: der jüngst eröffnete, hier kurz präsentierte Terminal 4 in Madrid. Iberia hat sich diesen 6-Milliarden-Euro-Bau gänzlich unter den Nagel gerissen und würde nun wohl am liebsten all seinen Fluggästen – namentlich auch jenen aus Barcelona – den kleinen Umweg durch die wallenden Hallen zumuten. Als Privatunternehmen ist es nur seinen Shareholdern Rechenschaft darüber schuldig, was es, und warum, als profitabel erachtet. Der Terminal allerdings wurde von allen spanischen Steuerzahlern finanziert, und entsprechend geprellt kommen sich sowohl Barcelonas Unternehmerschaft als auch die simplen katalanischen Flugkunden vor. Iberia will zwar mit einer eigens zu gründenden Tochtergesellschaft, die Cat Air heissen soll, ein neues Routennetz von Barcelona aus aufbauen. Dabei soll es sich jedoch eben um eine jener Billigfluggesellschaften handeln, wie sie die distinguiertere Kundschaft zu meiden pflegt.

Wie die Geschichte ausgeht, bleibt abzuwarten. Nach anfänglicher Aufregung schien sich angesichts der Aussichtlosigkeit politischen Eingreifens alsbald Resignation breitzumachen: Iberia-Flüge nach Barcelona, das war einmal. – Derweilen schreiten die Bauarbeiten am barcelonesischen Terminal 4 voran. Der Entwurf stammt, wie schon bei der letzten Flughafenerweiterung, von Ricardo Bofill.

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