ceci n'est pas une blague
Markus Jakob
An der Zementküste 1

Vor dreissig Jahren ging die Rede, Spanien habe seine über tausend Kilometer Mittelmeerufer auf die schändlichste Weise zubetoniert. Das klingt wie ein schlechter Witz, wenn man das Ergebnis des seither über die Küste gekommenen Baubooms sieht. Der Immobilienwucher hat dieser Tage in Marbella zu einem Eklat geführt hat, der vielleicht – aber wirklich nur vielleicht – einen Wendepunkt markiert. Die Stadtregierung von Marbella, allen voran die Bürgermeisterin Marisol Yagüe, ist Ende März fast in corpore verhaftet und ins Gefängnis gesteckt worden. Monate zuvor hatte die andalusische Regierung der Stadt sämtliche urbanistischen Kompetenzen entzogen. Diesmal hat die Madrider Zentralregierung in einem präzedenzlosen Beschluss den gesamten Stadtrat abgesetzt – ein Verwalter soll bis zu den Neuwahlen 2007 die Stadtgeschäfte fortführen.

Diese Geschäfte waren – ein offenes Geheimnis – seit Jahren von üppig blühender Korruption gekennzeichnet. Der Glamour Marbellas als bevorzugtes Seebad der Schönen und Reichen wird längst von seinem Ruf als Spaniens Hochburg der Korruption überschattet. Tausende illegaler Baubewilligungen haben die Gegend in ein Zementmeer verwandelt. Das Hauptverdienst kommt dabei dem unsäglichen, inzwischen verstorbenen populistischen Polterer

Jesús Gil y Gil zu, der 1991 zum Bürgermeister gewählt wurde. In unzählige Gerichtsfälle verwickelt, musste er zehn Jahre später zurücktreten, als ihm nachgewiesen wurde, 2,5 Millionen Euro aus der Gemeindekasse in diejenige des Fussballklubs Atlético Madrid abgezweigt zu haben, dessen Präsident er gleichzeitig war. Der Betrag ist freilich lächerlich im Vergleich zur Summe der Bestechungsgelder, die in Marbella in all diesen Jahren geflossen sind. Erstaunlich war die Ungeniertheit, mit der sich auch Gils Nachfolger bereicherten. Als eigentlicher Drahtzieher wird der seit Gils Zeiten als urbanistischer Berater fungierende Bauunternehmer Juan Antonio Roca bezeichnet.

Marbella zog längst Mafiabanden aus aller Welt an, die sich hier wie Fische im Wasser tummelten. Bei einer Polizeiaktion vor einem Jahr wurden 41 Personen wegen Geldwäscherei und anderer Delikte festgenommen und 251 Liegenschaften im geschätzten Wert von 1 Milliarde Euro beschlagnahmt. Diesmal wurden 23 Personen verhaftet, die Gesamtsumme der konfiszierten Güter beträgt 2,4 Milliarden. Darunter befinden sich hundert Rennpferde, Luxusautos, Helikopter, Miró-Gemälde, ausgestopfte Eisbären, usw.

Der Talkmaster Andreu Buenafuente witzelte diese Woche, den Verhafteten werde kein Hofgang gewährt aus Angst, sie würden den Knasthof sonst umgehend mit einer Reihenhaussiedlung überbauen.

Du solltest dringend Doktor Schwindel aufsuchen, Bosco Borja. Es wachsen dir gerade zwei urbanistische Umwidmungen aus dem Kopf.

Ein andermal mehr zur hemmungslosen spanischen Bauwut, die sich ja leider nicht auf Marbella beschränkt.

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