ceci n'est pas une blague
Markus Jakob
Iimura und die sturmfreien Buben

«Toi toi toi» wünscht uns Barzen mein Kamerad Rrronaldo alias Zincky von seinem lieblichen digitalen Wirtshaus Zum runden Leder aus, das längst jedem Schweuzer Sportsfreund ans Herz oder jedenfalls ans Knie gewachsen ist. Ob Sion, Thun oder gar wieder Wil in der Schweizer Super Lüge obenausschwingen, nie tun sie’s ohne Zinckys und seiner fünf Kollegen tiefschürfendes Gespötte, das auch das Fussballgeschehen jenseits der Schwätz nicht verschont. Daher dieses höhnische “toi toi toi”, gemünzt auf Barças angeblichen Niedergang –

da aber muss ich energisch Einspruch erheben. Think about it, Zincky. Es scheine zu harzen bei den Barzen? Vor einer Woche klammerte ich mich hier um die Ecke an einen Bartresen, nur um bei der Art und Weise, in der Barça das grossartig aufspielende Zaragoza niederrang – Art im Sinn von hoher Kunst, und weise wie unser unerklärlich abgeklärter Trainer Rijkaard –, nicht gänzlich abzuheben. Solche Fussballspiele kriegt man an keiner WM und an keiner EM je zu sehen. Selten mal in der Champions League. Aber im Grunde – es braucht ja immer zwei dazu! – gibt es so ekstatischen Fussball nur in Spanien. Vielleicht – ein bisschen holzhackriger – noch in England.

Das gestrige Spiel gegen Mallorca habe ich trotzdem ausgelassen. Sah stattdessen einige Filme des japanischen Konzeptkünstlers Takahiko Iimura aus den 70er und 80er Jahren. Harter Stoff – ein bisschen wie On Kawara, bloss in 25 Bildern pro Sekunde. Die Leinwand meist eine weisse oder schwarze, manchmal durch einen schmalen vertikalen Streifen geteilte Fläche; allenfalls ratterten Zahlen durch. Der Regisseur war auch anwesend – war das wohl der Grund dafür, dass praktisch niemand aus der Vorstellung lief? Aus Höflichkeit? Danach erwies sich allerdings, dass das Publikum diese abstrakten Filme – «Bilder» gab es nur in dem Essay über den Steingarten von Ryoan-Ji, den Iimura mit dem Architekten Arato Isozaki gedreht hat – sehr wohl goûtiert hatte. Wurde er doch mit Fragen geradezu überhäuft. Noch erstaunlicher war, dass mich diese Filme in eine seltsam abgehobene Stimmung versetzten – ich levitierte den ganzen restlichen Abend.

Ist vielleicht auch dieser grosse Fussballjongleur, der nach längerer Abwesenheit auf unsere Strassen zurückgekehrt ist, insgeheim eine Art Zenkünstler?

Zurück zum Spiel Mallorca-Barcelona. Ging 1:4 aus, Gudjohnson schoss zwei Tore. Fürs erste ist mithin die Frage beantwortet, ob der Barça-Sturm auch ohne Eto’o, ohne Messi und ohne Saviola, die alle kaputtgetreten wurden und monatelang ausfallen, funktioniert. Die sturmfreien Buben!

Gudjohnson, der Isländer, stand vor einigen Wochen in Madrid buchstäblich im Regen, aber gegen weniger abgebrühte Gegner wird Barça mit ihm wohl über den Winter kommen. Ob Gudjohnson seine Brötchen in der hier unlängst erwähnten isländischen Bäckerei kauft? Inzwischen habe ich mir dort einen Laib Spelt- bzw. Dinkelbrot und eine Zimtmadeleine gekauft. Lässt ein Hauch Zen sich übrigens nicht auch in dieser Bäckerei ausmachen? Oder bin bloss i c h schon gänzlich abgehoben?

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